Es ist inzwischen der Kampf der Giganten. Während Apple in knapp einem Monat seine alljährliche Entwicklerkonferenz WWDC eröffnet, legt Google bereits in dieser Woche mit seinem Pendant, der I/O-Konferenz vor. Gestern wurde sie mit einer Keynote eröffnet und förderte allerlei interessante Inhalte zu Tage, die sich sicherlich über das kommende Jahr hinweg auch auf Apple und seine Produkte auswirken werden. Dabei wurde wieder einmal deutlich, wie ähnlich sich die beiden Technologie-Giganten in ihren Geschäftsfeldern geworden sind.
Doch Google hat auch mächtig vorgelegt und könnte damit einen Ausblick darauf geben, was Apple ebenfalls demnächst aus dem Hut zaubern könnte. Allen voran ist dabei sicherlich Google Home zu nennen. Dabei handelt es sich um eine Produktreihe nach dem Vorbild von Amazon Echo, also einen sprachaktivierten Assistenten für alle möglichen Dinge im Haus. Dieser ist verbaut in einen Lautsprecher, so dass man hierüber auch direkt Musik aus der Cloud abspielen lassen kann. Zudem lassen sich mit Sprachbefehlen aber auch beispielsweise Smart-Home-Geräte bedienen. Dabei fällt einem natürlich unter anderem direkt Nest ein, das Google vor einiger Zeit übernommen hat. Verfügbar sein soll Google Home ab dem Herbst. Über Preise schweigt sich der Suchmaschinengigant momentan noch aus.
Nachdem Amazon und Google in diesem Bereich nun die Katze aus dem Sack gelassen haben, kann ich mir gut vorstellen, dass auch Apple in diesem Bereich aktiv wird. Die Basis ist mit HomeKit und "Hey Siri" bereits gelegt. Ich persönlich muss allerdings gestehen, dass ich die Vorstellung, ein ständig mit dem Internet verbundenes und mit seinem Mikrofon permanent lauschendes Gerät im Wohnzimmer stehen zu haben, einigermaßen gruselig finde. Im Endeffekt ist das der Privatsphären-Super-GAU. Freilich muss dies jeder für sich selbst entscheiden, aber bei mir bleibt auch "Hey Siri" am iPhone deaktiviert. Und nein, ich hege keine Verschwörungstheorien und leide nicht unter Verfolgungswahn.
Auch im Zusammenhang mit Google Home wurde "Google Assistant" vorgestellt. Hierbei handelt es sich um eine Weiterentwicklung von Google Now, die an die von Apple auf der vergangenen WWDC vorgestellte erweiterte und lernfähige Siri-Funktion erinnert. Es soll sich dabei um einen persönlichen Sprachassistenten handeln, mit dem man auch komplexere Dialoge führen kann. Das Pendant zu Siri und Amazons Alexa wird später in diesem Jahr sowohl unter iOS und Android, als auch in Google Home und Android Auto verfügbar sein. Moment, Android Auto? Ja genau! Dabei handelt es sich um Googles Ansatz von Apples CarPlay.
Ebensfalls bereits aus iOS kennt man Apples iMessage und FaceTime. Auch hier wird Google künftig mitmischen und hat dazu die beiden neuen Apps Allo und Duo vorgestellt. Bei Allo handelt es sich um eine neue intelligente Messaging-App für Android und iOS, die auf verschiedene smarte Technologien, unter anderem auch auf den Google Assistant, im Hintergrund zurückgreift. Von der Funktion her erinnert dies alles wie gesagt stark an iMessage. So wird auch Allo als Authentifizierung die Mobilfunknummer des Geräts verwenden, sich mit Chat-Bubbles präsentieren, Emojis und Sticker unterstützen oder smarte Antwortvorschläge geben. Im Inkognito-Modus wird man zudem in der Lage sein, eine Ende-zu-Ende Verschlüsselung zu verwenden oder auch selbstzerstörende Nachrichten nach dem Vorbild von Snapchat zu versenden.
Das Videotelefonie-Pendant zu Allo und damit der direkte FaceTime-Konkurrent hört auf den Namen Duo. Funktional lassen sich die beiden eigenständigen Apps komplett miteinander vergleichen, allerdings wird Duo, anders als FaceTime, über eine Funktion namens "Knock Knock" verfügen. Hiermit sieht man bereits ein Live-Video des Anrufers, ehe man das Gespräch annimmt. Sowohl Allo als auch Duo werden in diesem Sommer als Apps für iOS und Android veröffentlicht.
Wenig Neues gibt es unterdessen von der Android-Plattform zu vermelden. Die neue Version Android N wurde bereits vor der Google I/O der Öffentlichkeit präsentiert, weswegen auf der gestrigen Keynote lediglich noch einmal die bereits bekannten neuen Funktionen präsentiert wurden. Als bislang unbekannte neue Funktion zauberte Google immerhin seine neue Virtual-Reality-Plattform Daydream aus dem Hut, die hochwertige VR-Erlebnisse ab dem Herbst auch auf dem Smartphone ermöglichen soll. Hierzu werden dann entsprechend ausgestattete Smartphones von Samsung, HTC, LG, Huawei und weiteren Herstellern auf den Markt kommen. Android N wird zudem einen neuen VR-Modus beinhalten, der für verschiedene VR-Viewer optimiert ist. Ein Trend, der sich mir so überhaupt nicht erschließt.
Nach wie vor unklar ist der finale Name von Android N. Hierzu hat Google nun eine Umfrage gestartet, welchen Namen sich die Nutzer für das neue Betriebssystem wünschen. Der Name soll mit einem N beginnen und vermutlich erneut aus dem Süßigkeiten-Bereich stammen. Vorschläge nimmt Google noch bis zum 08. Juni entgegen.
Auf dem Markt der Wearables, zu denen im weiteren Sinne auch die Apple Watch zählt, will Google mit seiner Android Wear 2.0 Plattform neu angreifen. Hiermit emanzipieren sich die tragbaren Gadgets weiter vom Smartphone, so dass eigenständige Apps und weitere Verbesserungen und Funktionen möglich werden. Android Wear 2.0 steht ab heute in einer Beta für Entwickler zur Verfügung, im Herbst sollen dann alle Nutzer in den Genuss der Plattform kommen.
Google hat also mal wieder vorgelegt. Allerdings wird man in Cupertino ob der Neuvorstellungen vermutlich nicht nervös werden. Lediglich Google Home setzt Apple ein wenig unter Zugzwang, zumal mit Amazon auch ein anderer Konkurrent bereits in diesem Segment aktiv ist. Möglich also, dass auch Apple hier kurzfristig aufspringen wird. Wie oben angedeutet, sind die Grundsteine hierfür ja bereits gelegt. Ansonsten erinnert mich Googles momentaner Weg ein wenig an Apple selbst. WMan schaut sich den Markt an, erkennt was die Kunden wollen, lässt sich die anderen die Finger verbrennen und macht es dann besser. Apple war mit iMessage und FaceTime nicht als erstes am Markt. Hier gab es schon WhatsApp oder Skype. Nun zieht also Google mit Allo und Duo nach. Mit Google Home ist man auch nicht der erste am Markt, hier gab es bereits Amazon Echo. Ich bin gespannt, wo diese gegenseitige Konkurrenz hinführt. Für den Nutzer kann es eigentlich nur von Vorteil sein.