Seit Freitag habe ich das iPhone X nun in den Händen. Sicherlich wäre es unfair, da jetzt schon ein ausführliches Review zu schreiben. Ein erster Eindruck sei allerdings bereits gestattet. Die drei Aspekte, die sicherlich am meisten diskutiert werden, sind wohl Face ID, der weggefallene Homebutton und die Displayaussparung, im Englischen als "Notch" bezeichnet am oberen Displayrand. Fangen wir kurz mit dem letzten Aspekt an. Man kann sicherlich über die Ästhetik der Apple-Lösung tagelang diskutieren, da hier die Geschmäcker einfach unterschiedlich sind. Ich persönlich habe mich für den pragmatischen Ansatz entschieden. Das Ding stört bei der Benutzung des Geräts in keinster Weise. Klar, wenn man es wahrnehmen möchte, nimmt man es wahr und wenn man sich dran stören möchte, stört man sich auch dran. Allerdings hat Apple die Bereiche rechts und links des Notch genauso genutzt, wie es vorher, bei einem "kompletten Rand" auch der Fall war. Ich sehe hier also überhaupt kein Problem, außer man möchte eins daraus machen.
Der nächste Aspekt ist Face ID. Wenn man mal ehrlich ist, kann Apple hier nur verlieren. Selbst wenn die Entsperrung per Gesichtserkennung nur in einem von 100 Fällen nicht funktioniert, wird der Aufschrei groß sein. Das Problem ist aus meiner Sicht, dass man schon beinahe darauf wartet, dass die Gesichtserkennung versagt, es vielleicht hier und da sogar provoziert. Wir haben uns inzwischen so sehr an Touch ID gewöhnt, dass alles andere ein Rückschritt ist. Sind wir mal ehrlich, auch bei Touch ID funktioniert das Entsperren per Fingerabdruck nicht zu 100%. Na und?! Dann probiert man es eben nochmal. Genauso sehe ich das auch bei Face ID. Ich möchte behaupten, dass die neue Funktion bei mir in den vergangenen zwei Tagen zu 99% funktioniert hat. Die Fehlversuche führe ich darauf zurück, dass ich das vermutlich nicht aufmerksam genug angeschaut habe. Dies ist per Einstellung nämlich verlangt. Beim Zweitversuch (mit dann logischerweise mehr Aufmerksamkeit) hat es hingegen jedes Mal funktioniert. Dabei waren in meinem Fall auch die Lichtverhältnisse komplett egal.
Auch der Einrichtungsprozess ist komplett flüssig und sogar ein Stück schneller als bei Touch ID. Wie man schon aus den vorab bekannt gewordenen Informationen wusste, hält man das Gesicht einfach vor die Kamera und bewegt den Kopf im Kreis. Anschließend wiederholt man den Vorgang noch einmal und fertig. Ebenfalls rasend schnell klappt das Entsperren des iPhone. Im selben Moment, in dem man sein Gesicht vor die True Depth Kamera hält, kann man auch schon den Bildschirm nach oben wischen und ist arbeitsfähig. So soll es sein!
Ein Rückschritt gegenüber Touch ID ist aus meiner Sicht hier also nicht im Geringsten zu erkennen. Im Gegenteil, die Entsperrung per Gesichtserkennung ist (nach ein wenig Eingewöhnung) sogar extrem komfortabel. Hat mal wer versucht, Touch ID mit feuchten Fingern zu nutzen? Keine Chance! Auch das Austricksen von Face ID mit einem Foto funktionierte, wie von Apple angekündigt, nicht ansatzweise. Face ID bekommt von mir also in meinem ersten Eindruck ein dickes Plus. Die andere Anwendung der Gesichtserkennung, die Animoji bekommen von mir keine Wertung. Ich finde Emojis schon extrem nervig, da kann man sich denken, was ich von Animojis halte.
Ausgesprochen angenehm empfinde ich hingegen, dass das iPhone dank der True Depth Kamera erkennt, ob man ihm gerade Aufmerksamkeit schenkt oder nicht. Hat man diese Funktion aktiviert, dunkelt das Display nicht automatisch ab, wenn man keine Eingaben macht, sondern bleibt solange aktiv, wie man es eben anschaut.
Kommen wir zum dritten eingangs genannten Aspekt, den fehlenden Homebutton. Ja, hier ist eine echte Umstellung notwendig. Zehn Jahre lang haben wir uns daran gewöhnt, auf den zentralen Knopf an jedem iPhone und iPad zu drücken, um hierüber auf den Homescreen zu gelangen, Siri zu aktivieren oder den App Switcher zu aktivieren. Bei den ersten Malen, die man das iPhone X in die Hand nimmt, sucht der Daumen beinahe schon intuitiv nach dem Homebutton. Ich kann allerdings jetzt bereits berichten, dass die Umstellung schneller gelingt, als ich es erwartet hatte. Vor allem die bereits beim Entsperren zum Einsatz kommende Wischgeste von unten nach oben hat man schnell verinnerlicht. Genau diese Geste benötigt man dann auch im weiteren Verlauf, wenn man in den App Switcher wechseln, auf die erste Seite der Homescreens gelangen oder eine App schließen möchte. Es drängt sich der Eindruck auf, Apple hätte dies durchdacht. Übrigens: Ein Swipe nach unten auf dem neuen Touch-Balken löst auch auf dem iPhone X die Reachability-Funktion aus, wenn dies in den Einstellungen aktiviert ist. Zunächst gab es Spekulationen, Apple habe diese Funktion nicht vorgesehen. Für kleine Hände also ein echter Segen!
Etwas mehr Gewöhnung bedarf es da schon bei der Suche nach dem Kontrollzentrum, welches man bislang ja genau mit dieser Geste aufrufen konnte. Ab sofort zieht man es aus der rechten oberen Ecke neben dem Notch herunter. Gleiches gilt für das Notification Center, welches man aus der linken oberen Ecke nach unten zieht. Dies kann bei kleinen Händen sicherlich problematisch werden. Siri wird auf dem iPhone X übrigens durch ein Gedrückthalten des Siedebuttons aktiviert. Hier gehts mir allerdings nach wie vor ähnlich wie mit den Emoji. Siri ist bei mir noch immer deaktiviert. Ich sehe einfach keinen Zusatznutzen und das ändert sich logischerweise auch beim iPhone X nicht. Was aber den Aufruf des Kontrollzentrums betrifft, bin ich nach wie vor etwas irritiert, da ich dieses ständig für das Starten der Kamera nutze. Ich habe nicht wirklich kleine Hände, aber selbst für mich ist der Zugriff auf das Kontrollzentrum einhändig nur mit Verrenkungen möglich. Abhilfe schafft hier aktuell noch die Reachability-Funktion, wie das Video unten zeigt. Dennoch erhoffe ich mir, dass Apple das Kontrollzentrum früher oder später doch ganz rechts im App-Switcher positioniert, wie es auf Videos bereits zu sehen war. In der aktuellen zweiten Beta von iOS 11.2 ist dies allerdings (noch) nicht implementiert.
So, nachdem wir nun die drei Hauptaspekte ausführlich abgefrühstückt haben, werfen wir natürlich auch noch einen Blick auf den Rest des wirklich außergewöhnlich gut gelungenen Geräts. Ich habe bislang jeweils die kleinere der beiden iPhone-Varianten, also nie ein Plus-Modell besessen. Beim Auspacken des iPhone X war ich dann doch überrascht, wie klein das Gerät doch ist. Ich hätte es in der Tat größer erwartet. Beim Einschalten springt einem dann natürlich direkt der riesige Bildschirm ins Auge. Vor allem mir, der bislang nur die kleinere Variante gewöhnt war. Das 5,8" Super Retina OLED-Display selbst ist dann einfach nur beeindruckend. Es mag in meinem Fall eventuell auch an der Größe liegen, sicherlich aber auch an den neu verbauten Technologien OLED, HDR und True Tone, was man ja bereits vom iPad kennt. Ganz großesd Kino!
Als bisheriger Plus-Verweigerer ist für mich natürlich auch die Dual Lens Kamera eine Neuerung. Gerade auch die hierdurch mögliche Zoom-Funktion bietet einen echten Mehrwert. Der Bokeh-Effekt ist sicherlich nett und kommt hin und wieder mal zum Einsatz, hat für mich jedoch im Alltag keine wirkliche Bedeutung. Die mit der Kamera geschossenen Fotos sind aber in der Tat noch einmal ein echter Schritt nach vorne.
An die Haptik und das kabellose Laden via Qi-Standard konnte ich mich bereits mit dem iPhone 8 gewöhnen. Das iPhoen X macht hier keine große Ausnahme. Selbstverständlich fühlt sich das Gerät in der Hand extrem wertig an. Dies liegt in erster Linie an den verwendeten Materialien, aber auch an der exakten Verarbeitung und dem bereits angesprochenen, überraschend kleinen Formfaktor. Die Daumenbewegungen zum Bedienen sind alleridngs hier und da noch ein wenig hakelig, da man ja nun wirklich die gesamte Front erreichen und betatschen muss. Das kabellose Laden ist sicherlich nett und von vielen lange gefordert, wirklich weiter bringt es mich aber zugegebenermaßen nicht. Im Auto und auf dem Schreibtisch ist das ohne Frage eine komfortable Sache, wirklich arbeiten kann man mit dem Gerät aber natürlich besser, wenn es an einem Kabel hängt und man es in die Hand nehmen kann.
Auch den A11 Bionic Chip kenne ich bereits vom iPhone 8. Man setzt das zwar inzwischen voraus und nimmt es somit schon gar nicht mehr wirklich wahr, aber wirklich alle Vorgänge laufen auf dem iPhone X (wie auch auf dem iPhone 8) extrem schnell und flüssig. Der A11 Chip setzt dies konsequent fort, inkl. sämtlicher neuen Möglichkeiten, die durch die Bionic Engine einhergehen.
Mein aktuell einziger Kritikpunkt: Der nach wie vor vorhandene Kamerabuckel, der mich ästhetisch deutlich mehr stört als der Notch. Aber auch hierfür gibt es natürlich eine Lösung. Eine Schutzhülle ist für mich beim iPhone ohnehin obligatorisch. Diese gleicht dann auch direkt den Buckel aus, so dass er nicht weiter ins Gewicht fällt. Ich setze dabei übrigens auch bei diesem iPhone-Modell wieder auf die Incipio Feather für das iPhone X (€ 19,88 bei Amazon). Die Incipio Feather "ziert" bereits seit Jahren meine iPhones, da sie extrem schlank ist, das Design weitestgehend erhält und einfach einen guten Schutz bietet.
Insgesamt bin ich mit dem iPhone X an den ersten Tagen extrem zufrieden, ja beinahe schon begeistert. Es ist deutlich mehr als einfach nur eine neue iPhone-Generation, die ich bislang jedes Jahr in den Händen gehalten habe. Es ist etwas komplett Neues. Das merkt man direkt beim ersten Inbetriebnehmen und das setzt sich auch in den folgenden Stunden fort.